Brummer Logistik Schmelzing

So beschreibt die Firma Brummer ihr Geschäft

Die Realität - Die Fakten

Für den Standort können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

  • Es gibt kein Multitemperaturlager mit drei Klimabereichen. Die verschiedenen Temperaturzonen sind physisch voneinander getrennt, teilweise in separaten Gebäuden. Der gesamte Komplex ist modular aufgebaut. Synergien gibt es in den Overheads, Energieversorgung, Werkstatt.

  • Aus Kostengründen sind Tiefkühlläger und Frischeläger operativ nicht kombinierbar.

  • Möglicherweise ist das neue Kühlhaus 4 flexibel einsetzbar, z.B. zur Hälfte als Kühllager und zur anderen Hälfte als Trockenlager.

  • Tiefkühlung existiert mit hoher Wahrscheinlichkeit nur in manuellen Lägern (1, 2, 3); es gibt kein automatisiertes Hochregallager.

  • Die Kühlhäuser 1, 2 und 3 sind separate, manuell betriebene Tiefkühlläger, vermutlich im -24°C-Bereich. (12.700 m2 )

  • Das neue Kühlhaus 4 ist wahrscheinlich ein Kühllager im +4°C-Bereich (20.000 m2 )

  • Das Trockenlager (die Trockenläger?) im +18°C-Bereich (15.000 m2 ?)

Die Zuordnung kann teilweise unrichtig sein, weil sie nicht auf bestätigten Informationen basiert. Das würde die Schlussfolgerungen jedoch nicht ändern, weil es nur auf das neue Kühlhaus Nummer 4 ankommt. Denn für die Erweiterung ist eine Frage wichtig: Welche Funktion hat das Kühlhaus 4 und wie wird es betrieben? Der Erweiterungsplan basiert auf zwei weiteren Kühlhäusern des gleichen Typs. Die „alte“ Lagerstruktur (bis 2015) kann vernachlässigt werden. Für die zukünftige Strategie der Firma Brummer spielt sie keine wesentliche Rolle, allenfalls als Ergänzung.

Schlussfolgerungen

Aus dieser Analyse ergeben sich weitere Schlussfolgerungen:

  • Alle Lagerbereiche sind als Module physisch getrennt. Interne Transporte finden offenkundig nicht statt, denn sonst müsste es Verkehr von Förderfahrzeugen auf den Straßen des Betriebsgeländes oder automatische Fördersysteme zwischen den Lägern geben. Daraus lässt sich schließen, dass die Sortimente in den einzelnen Lägern weitgehend voneinander unabhängig sind. Es bestehen also keine bedeutenden Synergien, die bei Verlagerung der Standorte dieser Sortimente verlorengehen. Das Problem „Zwischentransporte“ bei Alternativstandorten ist damit erledigt – es existiert nicht.

  • Das neue Kühlhaus 4 ist als Umschlaglager für Cross-Docking gebaut mit ca. 54 Ladetüren für gleichzeitige Be- und Entladung von bis zu 54 LKWs. Damit wird die bisherige Struktur des Standorts Schmelzing völlig verändert: Hin zu Cross-Docking, mit maximierter Umschlagsgeschwindigkeit und keiner oder nur geringer Bestandshaltung. Die Erweiterung mit zwei Lägern des gleichen Typs würde den Umschlag und damit den LKW-Verkehr weit mehr als verdoppeln.

  • Unter Einbeziehung des Kühlhauses 4 (2015) würde mit der jetzt geplanten Erweiterung ein neuer Logistik-Komplex mit einer gesamten Kühlfläche von 60.000m2 auf 23 ha Grund entstehen. Damit würde die Umschlagskapazität gegenüber der Zeit vor dem Jahr 2015 mehr als verdreifacht. Das gilt in gleicher Weise für die LKW-Frequenz. Dieser Standort würde zu den größten Cross-Docking-Plattformen in der gekühlten Logistik für Lebensmittel in Deutschland gehören.

Firma Brummer schreibt: Unsere Sammelgutspedition lebt vom dem Bündeleffekt an einem Standort. Bei einem zweiten Standort würden erhebliche zusätzliche Umschlagvorgänge und vor allem Zwischentransporte zwischen den Standorten entstehen.

Kommentar. Diese „Bündelungseffekte“ entstehen an jedem Standort, der ein entsprechendes logistisches Liefer- und Einzugsgebiet hat, der verkehrsgünstig zu Autobahnen liegt und an dem die erforderlichen Kapazitäten für Cross Docking (oder andere Transit-Logistik-Systeme) vorhanden sind.

Aufgrund der aktuell bei der Firma Brummer gegebenen modularen Struktur von eigenständigen Lägern tritt bei Erweiterung an einem anderen Standort wenig oder kein zusätzlicher Umschlag ein, und es werden praktisch keine Zwischentransporte zusätzlich erzeugt. Der „Bündelungseffekt“ betrifft ausschließlich die bessere LKW-Auslastung durch volle Ladung und weniger Leerkilometer ab jedem der Läger. Synergien gehen bei Overhead Kosten und Services (Werkstatt, Energie) verloren, wobei Energie (Strom) weitgehend dezentralisiert ist.

Logistik im Lebensmitteleinzelhandel

Es gibt kein Logistiksystem ohne den Handel. Hersteller haben die Systemführerschaft weitgehend verloren. Insofern sind alle selbständige Logistiker an den Handel gebunden oder von diesem abhängig, wobei der Grad der Abhängigkeit von der Größe bestimmt wird. Je kleiner die Firma, umso größer die Abhängigkeit.

Die bevorzugte Lösung großer Handelsunternehmen ist die Errichtung von Zentrallägern, teilweise in Kombination mit regionalen Distributionszentren

Dem Trend zur Zentralisierung der Lagerhaltung und zur gleichzeitigen Reduzierung der Bestände außerhalb der Zentralläger folgend, sowie dem Ziel einer Just-in-Time Anlieferung, hat sich neben dem Zentrallagerkonzept das Cross Docking entwickelt.

Cross Docking verfolgt das Ziel, durch schnellen Ablauf zwischen Hersteller und Einzelhändler das Prinzip Just-in-Time umzusetzen. Insbesondere für frische und verderbliche sowie schnelldrehende Ware spielt dieses Konzept eine große Rolle.

Beim Cross Docking werden die Warenströme verschiedener Lieferanten bestandslos gebündelt und auf dem Weg vom Hersteller zum regionalen Distributionslager konsolidiert. Auf bevorratete Lagerhaltung und aufwendiges Ein- und Auslagern der Ware wird weitgehend verzichtet.

Das Cross-Docking-System ist eine alternative Lösung: Die Waren werden direkt vom Lkw des Herstellers auf mehrere ausgehende Lkw umgeladen, die zu verschiedenen Einzelhändlern fahren. Insgesamt bleiben die Waren in der Regel weniger als 24 Stunden auf der Plattform, was den Warenfluss beschleunigt und den größten Teil der Lagerkosten eliminiert. Der Hauptzweck des Cross-Docks besteht darin, dem Hersteller eine Just-in-time-Lieferung zu ermöglichen. Weitere logistische Aktivitäten, wie Verpackung oder Etikettierung, werden am Cross-Dock als Zusatzleistung durchgeführt.

Großer Bedarf an Fläche

Das übergeordnete operative Ziel im Cross Docking ist die bestmögliche Koordination zwischen dem eingehenden und dem ausgehenden Warenfluss. Diese Koordination trägt dazu bei,

  • eine Blockierung durch räumliche Engpässe auf der Plattform ( = des Terminals),

  • die unvermeidliche operative Bestandshaltung innerhalb des Cross-Docking-Terminals und

  • die frühzeitige oder verspätete Auslieferung der Produkte an die Kunden zu minimieren.

Hier wird erkennbar, warum für drei Kühlhäuser im GE Schmelzing mit insgesamt 60.000 m2 Lagerfläche Grund und Boden in der Größenordnung von 230.000 m2 in Anspruch genommen werden soll. Die Cross Docking Plattform ist extrem raumintensiv. Einmal im Lager selbst durch Transfer- und Arbeitsbereiche, aber vor allem auch in der umgebenden Fläche. Die Bereitstellung- und Warteräume der LKW sind integraler Bestandteil einer optimierten Planung. LKWs, die zu früh eintreffen, werden in die Warteschlange gestellt; solche die zu spät eintreffen, gehen in Bereitschaft, bis sie in den Prozess integriert werden können. Die LKWs sind also Bestandteile der gesamten Transitfläche; das gilt bereits, während sie noch auf der Fahrt sind.

Es gibt also zwei wesentliche Gründe für den großen Bedarf an Platz:

  • Die Hallen sind einstöckig (ca. 13 m hoch); platzsparende und vollautomatische Hochregale sind nicht einsetzbar.

  • Warte- und Bereithalteplätze für ankommende und abgehende LKW, um Störungen in der Supply Chain auszugleichen.

Der Logistik Standort Schmelzing


Die Region Passau ist aus geographischen (Verlauf der Alpenkette) und logistischen (Verlauf der Autobahnen; Staugebiet Raum München) Gründen ein hervorragend geeignetes „Eingangstor“ für die distributive Abdeckung von Österreich bis nach Slowenien. Der logistische Standortvorteil wird nach dem Zusammenschluss von A94 und A3 in Pocking noch größer.

Die logistische Struktur soll anhand des folgenden Beispiels erläutert werden.

Bei direkter Belieferung zwischen Lieferanten und Kunden sind Frachten nicht ausgelastet und es entstehen erhebliche Mehrkilometer.

Dies wird durch die Zwischenschaltung einer Cross Docking Plattform im Raum Passau vermieden. Die LKW-Auslastung wird optimiert, Leerkilometer werden reduziert und die Lieferung wird beschleunigt abgewickelt.

Durch die Konzentration der Belieferungen auf eine Plattform entsteht eine enorme Gravitation des LKW-Verkehrs. Dieser Sog wird verstärkt durch Rückfrachten, die im Gebiet Österreich aufgenommen werden und im Prinzip in den gleichen Bahnen zurückfließen, die die Hinfrachten genommen haben. Dabei wirkt der Verkehr im Zielgebiet wie Wasser: Bei Stauungen werden die Engpässe umgangen, der Verkehr sucht sich immer den noch gangbaren Weg, auch wenn er noch so schmal ist.

Änderung der Strategie - Ein völlig neues System

Damit wird die Struktur des im Jahre 2015 gebauten Kühlhauses 4 erkennbar: Vollständig ausgerichtet auf die Funktionen einer Cross Docking Plattform mit dem Ziel der Maximierung des Umschlags bei minimierter Abfertigungszeit pro LKW. Dazu dienen die große Grundfläche des Lagers, die 54 Türen und die ausgedehnten Bereitstellungsplätze in der Zufahrt zum Lager.

Mit der Erweiterung Kühlhaus 4 im Jahre 2015 ist die Firma Brummer in eine völlig neue Entwicklungsphase eingetreten:

  • Die klassischen Logistikfunktionen Einlagern – Kommissionieren – Auslagern in den Kühlhäusern 1 – 3 werden zu einem untergeordneten Segment der Geschäftsstrategie.

  • Wesentliche strategische Richtung ist der Ausbau zu einem der größten nationalen Cross Docking Zentren im Segment gekühlte Lebensmittel


Hier soll ein völlig neuer Logistikbetrieb entstehen, der nach grundlegend anderen Regeln arbeitet als der alte Betrieb, mit vervielfachtem Waren- und LKW-Umschlag. Der globale Standort im Raum Passau als „Tor nach Österreich“ ist dafür gut geeignet - der aktuelle Standort am Hang im Neuburger Wald offensichtlich nicht.

Der gesamte Komplex soll einen größeren Umschlag haben als das zentrale Lager von Dachser im Frankfurter Raum. Dachser, System Führer im „European Food Network“, hat nicht ohne Grund für seine logistische „Drehscheibe“ in Frankfurt den Standort eines stillgelegten Fliegerhorsts gewählt.

Kühlhalle 4 (2015)

Wie das geht, läßt sich am Beispiel des Baus der Kühlhalle 4 im Jahre 2015 demonstrieren: Für diesen ersten großen Erweiterungsbau einer Kühlhalle für Cross Docking wurden nach Rodung von 5 ha Wald umfangreiche Erdarbeiten durchgeführt.

Die Halle hat die Maße 156 m x 120 m x 12 m und beansprucht damit eine direkte Grundfläche von fast 20.000 m2 . Es wurden ca. 79.000 m3 Oberboden abgehoben. Die Erde wurde weitgehend für großflächige Geländeangleichung und Aufschüttung für die neue Halle verwendet.(Quellen: Karl_Bild)

Mit dieser Erweiterungsmaßnahme entsteht eine Logistik Immobilie, über deren langfristige Wertentwicklung man sich Gedanken machen muss, zumal zwei in etwa baugleiche weitere Hallen geplant sind.

Der konkrete Standort ist für die Wertentwicklung von Logistik Immobilien von elementarer Bedeutung. Periphere Standorte abseits der Logistik Korridore und Absatzmärkte sind nur unter speziellen Bedingungen interessant. Generelle Markbedeutung haben sie nicht. Die technisch einfachen, niedrigen Hallen haben kaum Wertsteigerungspotential.

Da logistische Strukturen und Systeme schnellen Veränderungen unterliegen, müssen alternative Zweit- und Drittverwendungen über längere Zeiträume gegeben sein, um den Wert der Immobilien zu erhalten. Der Standort Schmelzing erfüllt heute eine wertgebende Funktion im Geschäftssystem der Firma Brummer. Ob das in 10 – 15 Jahren immer noch so ist, kann niemand vorhersagen. Der isolierte Standort im Neuburger Wald mit einer ungünstigen Topographie und keinerlei Erweiterungsmöglichkeiten lässt bezüglich Verwendung nur wenige Alternativen zu. Die „alte“ Lagerstruktur (bis 2015) ist alternativ überhaupt nicht einsetzbar. Damit hängt der Wert der Immobilie vollständig am Geschäftsmodell der Firma Brummer.

Änderung des Plans: Nur ein weiteres Kühlhaus?

Die am 20.02.2020 vorgeschlagene und von der Mehrheit des Gemeinderats genehmigte Fortsetzung des Bauleitverfahrens mit einem in etwa halbierten Flächenbedarf basiert bis heute nicht auf einem aussagefähigen Plan. Die rot eingezeichnet Fläche lässt den vorgesehenen Bau einer alleinstehenden, effizienten Kühlhalle für Cross Docking aufgrund der Topographie und der Zufahrtsmöglichkeiten nicht zu. So kann die Planung nicht realisiert werden - und strategisch ist das nicht plausibel.

Die oben stehenden Ausführungen basieren auf einer umfangreichen Analyse, die hier unten als PDF Datei zum Lesen und herunterladen eingebettet ist.

Brummer Logistik Schmelzing - Analyse.pdf