Gemeinde

Der Bürgermeister

Ein Bürgermeister ist kein Beamter, sondern Inhaber eines politischen Amtes: Ein Status, der Teilhabe an der Leitung der Gemeinde mit demokratischer Repräsentation und Legitimation verbindet. Damit verbunden ist die Erwartung, dass Bürgermeister politische Ziele formulieren, die zu Rechtsnormen werden und nach denen sich jedermann richten muss. Das ist die Umschreibung für den Begriff des Regierens.

Beamte setzen Entscheidungen anderer um. Träger politischer Ämter treten für ihre Entscheidungen ein und setzen sie selbst um. Mit diesen beiden unterschiedlichen Amtsbegriffen sind verschiedene Kontrollmechanismen verbunden. Beamten werden durch Normen und Weisungen kontrolliert. Bei politischen Amtsträgern geschieht dies durch Wahl und Abwahl. Dazu ist transparente Einsichtnahme in die Amtsführung durch die Öffentlichkeit unabdingbare Voraussetzung.

Ein politisches Amt garantiert formale Kompetenzen. Zu deren nachhaltiger Durchsetzung erfordert es Autorität. Diese entsteht durch Vertrauen. Vertrauen ist die Voraussetzung dafür, dass der politische Amtsträger andere zu Handlungen motivieren kann, ohne dass er sie rechtlich darauf verpflichtet. Er muss überzeugen.  Autorität gibt keine Befehle, sondern Ratschläge, denen man sich nicht entziehen kann.

Diese Autorität ist für das Regieren in einer Demokratie auf allen Ebenen von zentraler Bedeutung: Amts-Kompetenzen so überzeugend auszuüben, dass sich andere danach richten, ohne dass man sie dazu zwingen muss.  Das funktioniert nur in einer Umgebung von Offenheit und Transparenz.

Und dies in Ergänzung:

Im Juli 2023 hat das Bundesverfassungsgericht zu den Aufgaben des Bundestages einen Satz geschrieben, der jedem Gemeinderat (und Bürgermeister) ins Stammbuch geschrieben werden sollte: 

„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten. Dies setzt eine hinreichende Information über den Beratungsgegenstand voraus."

Gemeinderat lehnt Information der Bürger und Dialog ab

Am 23.03.2021 lehnte der Gemeinderat auf Antrag des Bürgermeisters mit deutlicher Mehrheit einen Bürgerantrag für mehr Transparenz beim Sanierungs-Projekt Schule ab. Die Bürger werden nicht informiert und auch nicht beteiligt. 

Hintergrund: Im Jahre 2018 beschloss der Gemeinderat, die beiden Schulstandorte Dommelstadl und Neukirchen am Inn zu sanieren.  Dieser Beschluss wurde bis 2021 nicht umgesetzt. Von Gemeindebürgern wurde hingegen hinterfragt, ob eine Generalsanierung der alten Gebäude an zwei Standorten überhaupt sinnvoll sei. Die wesentlichen Erörterungen zu diesem Thema wurden in nicht-öffentlichen Sitzungen durchgeführt. Es gibt bis heute keine aussagefähigen Informationen, die Gemeindebürger einsehen können.

Am 23.03.2021 beschloss der Gemeinderat, die Sanierung nicht durchzuführen und stattdessen eine neue Schule zu bauen. Diese Entscheidung wurde offensichtlich ohne schriftlich vorliegende Überlegungen zum zukünftigen pädagogischen Konzept, zum Grundstück, zu den Baumaßnahmen und zum Budget getroffen. 

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Im April 2023 können wir berichten, dass der Bauausschuss erstmals eine Immobilie besichtigt, die die Gemeinde im Jahre 2022  für 3 Mio € erworben hat. Dabei wird über einen Hagelschaden gesprochen. Der Hagelschaden ist schon vor 2 Jahren entstanden. Verwundert nimmt man zur Kenntnis, dass laut PNP nur über Wirtshäuser gesprochen wird, nicht über die Schule. Den Gemeindebürgern wurde letztes Jahr erzählt, dass das 10000 Quadratmeter große Areal für den Bau einer neuen Schule gekauft wurde. Davon hört man nichts mehr. Vermutlich ist man im Geheimen mit dem Schul-Projekt schon gut voran gekommen. Fachliche Begleitung und Projektleitung durch „Lernlandschaften“ wird offenbar nicht für erforderlich gehalten. Das schafft die Gemeinde alles aus eigener Kraft! Die Bürger werden nachwievor nicht beteiligt.

Anscheinend realisiert man nicht, dass die Gemeinde dabei ist, einen völlig neuen zentralen Ort zu schaffen? Was dieser Ort in Zukunft sein soll, ist die jetzt anstehende Frage. Generationen werden mit dieser Entscheidung leben müssen. Alle Gemeindeteile sind betroffen. Die finanzielle Last für jeden Einzelnen wird beträchtlich sein. Kann man aus diesen weitreichenden Planungen die Gemeindebürger weiterhin ausschließen?

Es ist völlig verfehlt, sich in dieser Phase mit der Frage zu befassen, ob man alte Gemäuer und Strukturen erhalten soll. Schon gar nicht, wenn es sich um Wirtshäuser handelt, die nicht rentabel betrieben werden können. Die Schule muss jetzt oberste Priorität haben. Und:  Die Gemeinde braucht ein kommunales Leitbild, eine Entwicklungsstrategie. Alle zusammen müssen wir uns Gedanken über die Frage machen, wie wir in Zukunft leben wollen. Eine gemeinsame Vision wird uns zeigen, ob wir alte Strukturen erhalten können oder sie  durch neue ersetzen müssen. Dazu braucht es Führung und den Willen zur Gemeinsamkeit. Beides fehlt.

N.B. Bei den diesjährigen Haushaltsberatungen (Mai 2023) wurde kein Wort verloren über die Schule, das neue Areal in Neukirchen und das alte Wirtshaus - immerhin ein Projekt mit einem Volumen von mindestens 20 Mio EUR. Grund: "Da kommt nichts vor 2024" - So schlafwandelt man zum Abgrund mit einem nahezu schuldenfreien Gemeindehaushalt. Schlafwandeln tritt in der Tiefschlafphase auf - na dann: Angenehme Nachtruhe.

Politische Führung – Vertrauen gewinnen

In jeder Kommune geht es um Interessenausgleich - eigentlich immer und überall. Der Mediator in diesem Spiel ist der Bürgermeister.  Das kann er nur sein bei absoluter Neutralität und Offenheit. Es bringt nichts, andere zu ignorieren. Was wirklich hilft, ist, gemeinsame Ziele zu entwickeln und hart daran zu arbeiten, sie zu erreichen. Kommunizieren und Zuhören ! Die Bürger müssen gemeinsame Lösungen finden - es gibt keinen anderen Weg.

Zur politischen Führungskunst gehört es in jeder Organisation, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Im öffentlichen Sektor sind die oft von gewaltiger Tragweite.

Wie leitet man einen solchen Entscheidungsprozess? Wen bezieht man ein, wie wägt man ab, wie führt man die Diskussion, und wie kommuniziert man dann am Ende die Entscheidung und die Kriterien dafür? Das sind Voraussetzungen dafür, ob die Öffentlichkeit versteht, warum was getan wird. 

Dieses Vorgehen erfordert Kraft und Mut der Führer – und Integrität. Integrität, das ist Wahrhaftigkeit: Dazu braucht man einen moralischen Kompass? Wie schafft man den? 

Die Menschen müssen daran glauben, dass diejenigen, die sie führen, einer guten Sache dienen möchten, mit Integrität, Fairness und großem Respekt für andere handeln und sich um informierte Entscheidungen bemühen.

(Quelle: Ngaire Woods)

Macht und Vertrauen

Die Gemeinden in Deutschland sind im Grundgesetz mit viel Macht und Gestaltungsmöglichkeiten ausgestattet worden. Dazu gehören 

Die wirksame Umsetzung dieser Machtbefugnisse setzt voraus, dass die Bürger Vertrauen in die Offenheit und Ehrlichkeit der Verwaltung haben. Integrität des Redens und Handelns  sind dazu essentiell.

Die Unzufriedenen

Das Demonstrationsgrundrecht gehört zur Kernsubstanz der Demokratie. Es ist das Grundrecht der Unzufriedenen, der Unbequemen, der Empörten und der Aufsässigen. 

Und: In einer Demokratie darf man unzufrieden, unbequem, empört und auch aufsässig sein. Das ist keine Verirrung der Demokratie, das ist die Demokratie. 

(Heribert Prantl)

Und noch dies: Für Solidarität darf man politisch werben - und für Mitgefühl auch.