Raumfunktionsbuch

Nach den im Gemeinderat vorgelegten Prognosen beträgt die Schülerzahl ab 2027 nicht mehr 45 Schüler pro Jahrgangsklasse, sondern nur noch 40. Das heißt:

Wir bauen jetzt eine Schule für 160 Schüler 

(Wenn man die jahrelange Diskussion über zwei Schulstandorte nachliest - hier im BUERGER FORUM gut dokumentiert - dann bekommt man einen Eindruck über Dichtung und Wahrheit, über Klientelpolitik im Gemeinderat ... Man darf sich nicht ausmalen, in welcher Lage die Gemeinde jetzt  wäre, wenn die Entscheidung für die Beibehaltung der beiden Standorte gefallen wäre: Nur eine Stimme hat bei der Abstimmung den Ausschlag gegeben! Leider kann man nicht erwarten, dass aus dieser Posse irgendwelche Lehren gezogen werden.)

Die gute Nachricht ist, dass unter professioneller Führung durch LERNLANDSCHAFTEN eine moderen Konzeption für die Schule entstanden ist. Die im Gemeinderat vorgetragene Idee, den Stadel auf dem Pell-Grundstück in die Planung für die neue Schule einzubeziehen, ist damit endgültig vom Tisch. 

Die schlechte Nachricht ist, dass die überwiegende Mehrzahl der Gemeindebürger in diese "Phase Null" der Schulplanung überhaupt nicht einbezogen wurden. Es gab auch keinerlei erläuternde Informationen. Dabei ist die Schule der räumliche, soziale und kulturelle Mittelpunkt eines neuen zentralen Ortes in der Gemeinde. Eine weitere Chance, in Neuburg am Inn ein bürgerliches Miteinander durch Identifikation mit dem Schulprojekt zu fördern, wurde vertan. 

Passauer Neue Presse vom 29.07.2023

„Pädagogik auf modernstem Stand“

Neue Schule mit „Lernwohnung“ und „Marktplatz“ – Raumkonzept für Grundschule Neuburg am Inn vorgestellt 

Von Mirja-Leena Zauner

Dass aus zwei Schulgebäuden ein neues werden soll, diese Entscheidung wurde in der Gemeinde Neuburg bereits vor einiger Zeit gefällt (PNP berichtete). Derzeit werden vier Klassen der Grundschule in Dommelstadl beschult sowie vier weitere Klassen in Neukirchen am Inn. Diese Trennung der Schule erschwert nicht nur die Arbeit der Lehrkräfte und Mitarbeiter, sondern macht es auch schwierig, dass sich die Schüler wirklich gemeinsam begegnen.

Als Voraussetzung für eine bauliche Entwicklung eines gemeinsamen Schulgebäudes hat die Gemeinde zur Beratung und Konzeptentwicklung Karin Doberer von „Lernlandschaften“ beauftragt. Sie begleitet mit ihrem Team zahlreiche Bau- und Entwicklungsprojekte im Bildungswesen in der Region. Dabei sollen alle Beteiligte zusammen gebracht werden und deren Ideen berücksichtigt werden.

Nach einer mehr als halbjährlichen Arbeit in zeitintensiven Workshops und Gesprächen sowie Besichtigungen anderer Schulen konnte nun ein vorläufiges Raumfunktionsbuch im Gemeinderat präsentiert werden. Jakob Oberpriller, der auch als Zuhörer anwesend war, wird als begleitender Architekt das Vergabeverfahren organisieren. Entwicklerin Karin Doberer sagte, dass bei Betrachtung der Bestandsgebäude klar war, dass die räumlichen Kapazitäten in Dommelstadl nicht ausreichen und man auch in Neukirchen in Hinblick auf den Ganztagsanspruch ab 2026 schnell an seine Grenzen stößt.

Prognose: Schülerzahlen sinken wieder

Es sei daher sehr sinnvoll, beide Schulstandorte zusammenzuführen und in direkter Nähe der alten Grundschule Neukirchen neu zu bauen. Das entsprechende Gelände ist bereits im Besitz der Gemeinde. Die Anbindung zu den Sportflächen ist auch gegeben. „Der Neubau bietet nun die einzigartige Chance, Bedingungen zu schaffen, mit denen sich moderne Ansprüche an Bildung und Betreuung zukunftsorientiert, nachhaltig und überregional bedeutsam verwirklichen lassen“, so Doberer. Das Konzept wurde vom Gemeinderat einstimmig beschlossen. Auch herrschte Einheit darüber, dass man das Konzept bei der Regierung so einreichen wolle – vorerst ohne Festlegung darauf, ob es zwei- oder dreizügige Klassen gebe.

Überrascht zeigte sich Bürgermeister Wolfgang Lindmeier in puncto Schülerzahlen. Denn diese würden nach einem prognostizierten Höchstwert von 180 Kindern im Grundschulalter nach 2026 und 2027 wieder auf 160 abfallen. Dreizügige Klassen seien somit voraussichtlich nicht erforderlich. Er lobte den hohen Einsatz aller Beteiligter am Entwicklungsprozess und sprach von den vielen „Aha-Erlebnissen“ während der Besichtigung anderer Schulen. So habe man sich den eigenen Wunschvorstellungen immer mehr genähert. Für die von den Gemeinderäten Peter Prinz-Hufnagel (Bündnis Bannwald/ÖDP) und Dorothee Hartmann ins Feld geführten Themen Energie sowie Ökologie sei es laut Auskunft des Bürgermeisters zum jetzigen Zeitpunkt noch zu  früh. Karin Doberer erklärte, dass ein Planer nun grundsätzlich wisse, was in Sachen Raumkonzept erforderlich sei und „Ehrenrunden“ dahingehend vermieden werden könnten. Die konkreten Planungen, wie das Gebäude tatsächlich aussehen und gestaltet wird, geschehen in folgenden Schritten.

„Das Projekt ’Eine neue Schule für Neuburg‘ wurde vom Kollegium einstimmig als Schulprofil angenommen“, so das Fazit der Schulleiterin Anna Giefing. „In sämtlichen, teilweise ganztägigen Arbeitskreisen, war das Kollegium geschlossen anwesend und hat mit Lernlandschaften ein pädagogisch für uns passendes Konzept erarbeitet. Es wurden Ideen gesammelt, wieder verworfen, um Lösungen gerungen und ein für uns Lehrer, aber auch für die Gemeinde, gangbarer Weg gefunden. Das Raumfunktionsbuch – was keine Ent‐ wurfsplanung ist – ist das Ergebnis einer Pädagogik auf modernstem Stand und für die Gemeinde gut realisierbar.“

Die Anforderungen an das neue Gebäude

Ermöglichungsräume

Das herkömmliche Konzept für Schulgebäude folgt dem Muster: Flure sind zum Gehen da, Klassenräume zum Unterrichten, auf Schulhöfen wird getobt und in Lehrerräumen konferiert. Methodenwechsel, also das Arbeiten in kleineren Gruppen oder allein wird durch diese Gestaltung häufig erschwert, manchmal sogar unmöglich gemacht, so Doberer. Neue Unterrichtskulturen und ein veränderter Schulalltag mit dem zusätzlichen Angebot der ganztägigen Betreuung benötigten weiterentwickelte Schulen, das heißt flexibel nutzbare Schulbauten, die mit multioptionalen Räumen eine Vielzahl verschiedener Aktivitäten und Lernformen zulassen. Gefragt seien somit „Ermöglichungsräume“, in denen es leicht fällt, Arbeitsphasen zu durchleben, Ergebnisse zu präsentieren oder sich auszuruhen. Ebenfalls wichtig: Differenzierungsräume, Fachräume, Kreativräume.

Verwaltungs- und Mitarbeiterbereich

Auch den Fachkräften sollen Schutzbereiche angeboten werden, in denen Konzentration, Kommunikation, aber auch Rückzug und Ruhe ermöglicht werden. Auch könne durch eine optimale Anordnung der räumlichen Funktionen die Zusammenarbeit der Lehrkräfte unterstützt werden.

Offen gestalteter  Gemeinschaftsbereich

So wird die gemeinschaftsbildende Funktion der Schule deutlich und nachhaltig unterstützt, Schule wird als Lebensraum sichtbar und von allen gemeinsam gestaltet. Der Gemeinschaftsbereich wird als „Herz der Schule“ bezeichnet. Hier sind Speisenbereich, Pausenhalle, Bibliothek, Musikraum beheimatet.

„Lernwohnung mit Marktplatz“

Für jeweils einen Jahrgang soll eine eigens erschlossene Lernwohnung geplant werden, um die Pädagogik auch baulich zu unterstützen. Das bedeutet, dass innerhalb dieser Funktionseinheit keine klassischen Flure vorhanden sind. Vielmehr steht der gesamte Bereich einer pädagogischen Nutzung zur Verfügung. Zur Erfüllung der Aufsichtspflicht sind Sichtverbindungen zwischen den verschiedenen Bereichen vorhanden.

In einer Lernwohnung müssten sowohl Intimität als auch Transparenz möglich sein, um Individualität und Teamgeist gleichermaßen Raum zu geben. Eine Pädagogik, die Selbstständigkeit von Lernenden fordert und ermöglichen will, geht andere Wege als ein lehrerzentrierter Unterricht, heißt es im Raumfunktionsbuch. Voraussetzung für die flexible Nutzung sei die unkomplizierte Schaffung von Ordnung. Der „Marktplatz“ dient als Werkstatt, aber auch als Galerie. Der oft in Schulen anzutreffende „Bahnhofscharakter“ vor Klassenräumen sei zwingend zu vermeiden. Eingangsnah soll eine zentrale Garderobe mit Schmutzschleusenfunktion entstehen.

Der Ganztagsbereich mit der Funktion Rückzug und der dortige Marktplatz können während der Unterrichtszeit mit genutzt werden. Dem Übergang zwischen Unterricht und Betreuung kann hier Rechnung getragen werden.

Bewegungsraum für Kinder

Um Abwechslung in den Unterrichtsalltag zu bringen, bietet sich die Nutzung des Bewegungsraumes an mit Möglichkeiten zum Klettern, Toben und Ausruhen.

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Pädagogische Architektur

Relaunch: Schulbau Open Source mit optimierter Struktur

Um Innovationen im Schulbau anzustoßen, macht Schulbau Open Source das Planungswissen aus konkreten Pilotprojekten öffentlich zugänglich. Die Plattform hat nach einem intensiven Testing nun ein neues Layout, verbesserte Nutzerführung, zusätzliche Funktionen und neue Inhalte. So ist sie nutzerfreundlicher und noch intuitiver zu bedienen.

Quelle: Montag Stiftung