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Steuern

Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer (PNP vom 10.03.2022)

" Mit 1,9 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen hatte Kämmerin Katrin Wegertseder für das Haushaltsjahr 2021 gerechnet – geworden sind es am Ende 3,6 Millionen Euro (Anm. d. Redaktion: brutto). Bürgermeister Wolfgang Lindmeier zeigte sich hocherfreut ... „Das Ergebnis ist sehr, sehr positiv. Wir konnten nicht ahnen, dass es so super läuft. Das ist ein Glücksfall für uns.“

Zustandegekommen waren die hohen Gewerbesteuereinnahmen zum einen, weil die Speditionen in der Pandemie sehr gute Geschäfte gemacht hatten, zum anderen weil ein großer Betrieb eine Nachzahlung von 400.000 Euro für 2019 zu tätigen hatte. ...

... , so dass der Schuldenstand Ende 2021 bei 62.500 Euro lag. Daraus errechnet sich eine Pro-Kopf-Verschuldung von 14,34 Euro – der Landesdurchschnitt lag 2019 bei vergleichbaren Gemeinden in Bayern bei 580 Euro pro Kopf."

Zwei Dinge sind bei etwas Distanz zur großen Freude auffällig:

  • Wie ist es möglich, dass die Firma Brummer (= "ein großer Betrieb") in einem Jahr, nämlich 2019, 400.000 EUR an Gewerbesteuer zu wenig bezahlt hat? Diese Tatsache kommt erst im Jahre 2021 ans Licht, obwohl die Jahresergebnisse für 2019 im ersten Quartal 2020 bereits feststanden? Jeder Gewerbebetrieb ist verpflichtet, vierteljährliche Vorauszahlungen zu leisten. Diese Vorauszahlungen wurden offensichtlich viel zu niedrig angesetzt. Interessant dabei ist, dass der Vorauszahlungsbescheid von der Gemeinde erlassen wird. Noch interessanter ist, ob und wann das Finanzamt einen geänderten Gewerbesteuer-Messbescheid erlassen hat. - Einiges reimt sich nicht!

Man kann bei einem Jahresergebnis nach Steuern der Firma Brummer im Jahr 2019 von fast 4.000.000 EUR in etwa schätzen, dass die fällige Gewerbesteuer 500.000 EUR beträgt (Hebesatz der Gemeinde 380). Das gilt auch für das Jahr 2020. Warum werden diese Beträge nicht in die Vorauszahlungen übernommen?

Nur als kleine Anmerkung: Die Firma Brummer hat im Jaht 2019 eine Gewerbesteuerrückstellung mit den erwarteten Beträgen gebucht. Das Ergebnis des Jahres enthält diesen Betrag bereits. Die Gewerbesteuer ist eine nicht abziehbare Betriebsausgabe. Entsprechende Korrekturen für den steuerlichen Gewinn werden außerhalb der Bilanz gebucht.

  • Die große Betonung der Gewerbesteuer als wichtigste Gemeindesteuer ist seit der Steuerreform 2008 falsch. Im Gemeinderat scheint das noch nicht angekommen zu sein: Am 01.05.2021 erklärt ein Gemeinderat unwidersprochen im Verkehrsauschuss: "... Wir machen den Spediteuren vor Ort das Leben schwer. Wir brauchen jeden Euro Gewerbesteuer.“ Und ergänzt: „Wir können nicht eine Straße nur für Spediteure bauen. Irgendwo müssen die Lkw halt fahren.“ Dabei wird zum wiederholten Male übersehen, dass die Gewerbesteuer langfristig wesentlich weniger als der Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer einbringt – und die Tendenz geht weiter nach unten. Lohn- und Einkommensteuer haben allerdings sehr viel mit Lebensqualität in der Gemeinde zu tun. Massiver LKW-Verkehr durch den Ort ist das Gegenteil von Lebensqualität.

Die Rechtfertigung der Gewerbesteuer ergibt sich u.a. aus dem "Äquivalenzprinzip". Demnach sind Abgaben, die die Unternehmen zu leisten haben, eine Gegenleistung für eine andere Leistung. Durch den Betrieb des Gewerbes nehmen Unternehmen die Infrastruktur der Gemeinden in Anspruch (z.B. durch die Nutzung von Straßen und Verkehrswegen) . Sie verursachen Lärm und Verschmutzung. Als Gegenleistung für diese Belastung wird von den Gemeinden eine Steuer erhoben. Dabei trägt der Gemeindebürger das Verlustrisiko: Kein Gewinn = keine Gewerbesteuer.

Die Gewerbesteuer ist vom Jahresüberschuss (Gewerbeertrag) abhängig und deshalb erheblichen Schwankungen unterworfen. Für 2019 wird die Brummer Thermologistik Gmbh vermutlich erstmals seit ihrem Bestehen Gewerbesteuern zahlen: Für diese Firma wurde im Jahre 2015 Neuburger Wald in der Größenordnung von 5 ha abgeholzt. Überwiegend entsteht der Betriebsgewinn und damit die Gewerbesteuer der Brummer Gruppe im Speditionsbetrieb.

Es ist darauf hinzuweisen, dass im Gemeinderat die Brutto-Einnahmen aus Gewerbesteuer genannt werden. Davon ist immer die Gewerbesteuerumlage abzuziehen. Die Umlage ist ein Ausgleichsposten, den die Gemeinden seit 2008 zahlen müssen und zwar zum Ausgleich für die Beteiligung an der Lohn- und Einkommensteuer. Insofern wird die Gemeinde schon in diesem Jahr eine wesentlich höhere Gewerbesteuerumlagen zahlen (die Freude wird um etwa 500.000 EUR geschmälert).

Auch durch zukünftig geringere Schlüsselzuweisungen wird die Gemeinde weniger Geld zur Verfügung haben. Schlüsselzuweisungen werden im Kern nach der Steuerkraft einer Gemeinde bemessen: Je höher die Steuerkraft, umso niedriger die Schlüsselzuweisungen.

Der innerbayerische kommunale Finanzausgleich hat ein wesentliches Ziel: Es sollen in allen Gemeinden gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen werden, indem bestehende Unterschiede ausgegleichen werden. Das ist das Prinzip der Solidarität - die Starken helfen den Schwachen. Der steigende Anteil der Gemeinde an der Lohn-und Einkommensteuer reflektiert dieses Prinzip. Die Gemeinden erhalten ungefähr 15% der bei ihren Einwohnern erhobenen Lohn- und Einkommensteuer. Es gilt also für den Gemeindeanteil das Wohnsitzprinzip. Also: Nur die am Ort beschäftigten Bürger der Gemeinde Neuburg tragen zu den Steuereinnahmen der Gemeinde bei.

Arbeitsplätze

In der Gemeinde Neuburg am Inn sind seit 2013 482 neue Arbeitsplätze entstanden. davon dreiviertel bei der Firma Brummer. Ein Viertel dieser zusätzlichen Arbeitnehmer wohnt in der Gemeinde. Die Abnahme der Beschäftigen bei Brummer im Jahre 2020 hängt hängt vermutlich mit der Verlagerung von Aktivitäten nach Österreich zusammen.

Die Firma Brummer hat darauf hingewiesen, dass bei Neueinstellungen die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter aus anderen Gemeinden und aus dem europäischen Ausland kommt. An der Lohn- und Einkommensteuer dieser Mitarbeiter partizipiert die Gemeinde nicht.

Finanzen

Wie sehr soll man sich selbst beglückwünschen, wenn jeder Bürger in Neuburg nur 14 EUR öffentliche Schulden hat, während alle anderen Bayern im Durchschnitt 600 EUR mit sich schleppen? In Zeiten der Krisen mag das einige beruhigen. Ökonomisch ist dieser niedrige Schuldenstand in Zeiten von "Null"-Kreditzinsen und hoher Steuerkraft ein Zeichen von Inaktivität. Es ist ja nicht so, dass es nichts zu erledigen gäbe: Nur als kleines Beispiel - Der Fußweg vom Schlosspark ins Ortszentrum Neuburg ist immer noch einer der gefährlichsten Wege im ganzen Landkreis - nichts getan trotz mehrfacher Beteuerungen.

Falls Sie Interesse haben an einer Vielzahl von Zahlen vom bayerischen Landesamt für Statistik: Hier sind die drei letzten Jahre.