Unsere Schule - Ende einer Illusion

Unsere Schule – Ende einer Illusion

Die Gräben werden tiefer, die Fakten liegen auf dem Tisch, die unterschiedlichen Meinungen auch: Es besteht offensichtlich dringender Gesprächsbedarf, wenn man einen ewigen Konflikt vermeiden möchte. Aber: In dieser Gemeinde gibt es keine vertrauensvollen Gespräche über die wichtigsten Zukunftsfragen. Das gilt für den unerträglichen Straßenverkehr, für die Abholzung des geschützten Waldes, für die Schule und anderes. Vor mehr als einem Jahr wurden Vorschläge zu einem öffentlichen Dialog über die Zukunft der Schule von der Mehrheitsfraktion im Gemeinderat mit dem Argument abgelehnt, dass dafür keine Zeit mehr verfügbar sei. Es sei alles bekannt; der Gemeinderat habe genügend Informationen. Das ist kaum zu glauben - mit einer solchen Haltung wird die Gemeinschaft der Bürger für dumm verkauft. Das funktioniert, weil sich niemand dagegen auflehnt.

Methoden der Konfliktbewältigung

In unserer polarisierten Gesellschaft scheint es kaum noch möglich, über ein "politisches" Thema ins Gespräch zu kommen ohne in Streit zu geraten. Der zivilisierte Weg ist immer noch, miteinander zu sprechen, zumindest jede Seite ausreden zu lassen und zu versuchen, den anderen zu verstehen. Am besten wäre es, wenn man sich die Fakten ansehen würde. Vielleicht gibt es am Ende keine gemeinsame Lösung, aber immerhin einen offenen Dialog. Die Entscheidung liegt beim Gemeinderat, der gut daran täte, all dies in seiner Abwägung zu berücksichtigen. Dass eine so getroffene Entscheidung akzeptiert wird, auch wenn sie nicht dem eigenen Wunsch entspricht, ist gute demokratische Praxis. Um einen solchen Prozess in Gang zu setzen, braucht es einen Moderator ...

 

Wenn wir uns auf unsere abendländischen Traditionen besinnen würden, könnte zumindest der Dialog beginnen. Die Bibel ist ja nicht nur für die Kirchen geschrieben, sondern ist moralischer Kompass für menschliches Zusammenleben: „Seid aber miteinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem anderen ...“ (Epheser, 4,32) Das könnte eine Basis sein ...

 

In der japanischen Sprache und Kultur gibt es das Wort Shouganai (しょうがない). Einfach übersetzt heißt das “dagegen kann man nichts machen“. Es ist nicht nur ein Begriff, sondern ein kulturelles Konzept: Hinnehmen und Weitermachen sei der einzig brauchbare Weg. Widerspruch ist eine Ruhestörung, kostet nur unnötige Energie. Ist das Gelassenheit oder Gleichgültigkeit und Lethargie? So ändert sich jedenfalls nichts – will man das?

 

Und schließlich könnten wir uns an Sokrates orientieren: Der bestand darauf, dass es eine absolut richtige Lösung geben muss. Also diskutieren wir in zivilisierter Form so lange, bis ein Ergebnis von allen als das richtige anerkannt wird. Das braucht Stil im Umgang und Zeit. Gut zu wissen: Sokrates wurde hingerichtet, weil seine Vorschläge zu radikal waren!

Drei Hinweise

Hier soll keine Bewertung erfolgen. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen, wenn er sich im Detail informiert hat. Aber irgendwann wird eine Entscheidung nötig:

 

Der Lebenszyklus einer Schule

Für die Entscheidung des Schulträgers, aber vor allem für die finanzielle öffentliche Förderung, ist es erforderlich, in einer Lebenzykluskostenberechnung zu prüfen, ob eine Sanierung oder ein Neubau über einen langfristigen Betrachtungszeitraum wirtschaftlicher ist. Der Lebenszyklus einer Schule ist dabei in der Regel 50 Jahre.

Es ergeben sich zwei Szenarien, die zu berechnen sind:

 

Für einen sinnvollen Vergleich müssen die beiden Szenarien im Hinblick auf bauliche und pädagogische Funktionalität vergleichbar sein. Es geht nicht an, dass man einen Neubau mit pauschalierten Kostensätzen einer Sanierung vergleicht. Insofern müssen die vorliegenden Pläne vollständig überarbeitet werden.

 

Die Berechnung und der Vergleich der Szenarien erfolgt nach folgendem Schema:

 

An Ausgaben und Kosten werden ermittelt:

 

Bereits ein Vergleich der direkten Investitionen mit den Erhaltungskosten der alten Gebäude über 50 Jahre ergibt mit Sicherheit einen Kostenvorteil für die Neubauvariante. Für die Gesamtkosten ist der Vorteil noch deutlicher.

(Quellenhinweis: Prof. Uwe Rotermund Ingenieurgesellschaft mbH & Co KG

37671 Höxter)

 

Nach Aussagen des Bürgermeisters wurde der Lebenszyklus für die beiden Optionen „Neubau oder Sanierung“ bereits vollständig bewertet. Wie in dieser Gemeinde zu erwarten, wird eine so wichtige Information der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht. Warum eigentlich? Was sollen die Gemeindebürger nicht erfahren? Wenn die Verwaltung unsicher ist, Angst hat und schwierige Diskussionen erwartet, wird der Gegenstand immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt. Damit ist nichts gewonnen. Der Gemeinderat lässt das ohne Widerspruch durchgehen. Diese Interpretation von Geheimhaltung ist ungesetzlich. Aber: Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter!

Wie baut man eine Schule?

Es folgen drei Zitate aus: Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland, Montagstiftung Jugend und Gesellschaft u.a., 3. übearb. Auflage (Link: Leistungsfähiger Schulbau)

 

„Schulgebäude sind ein guter Seismograf für den gesellschaftlichen Stellenwert von Bildung. An ihrer inneren Organisation lässt sich ablesen, ob es eine grundsätzliche Offenheit für notwendige pädagogische Entwicklungen und unterschiedliche Lernkulturen gibt; an ihrer Ausstattung und architektonischen Qualität zeigt sich die Bedeutung, die eine Gemeinschaft ihren Schulen zumisst.“ (...)

 

„Das alte Modell der Klassenraum-Flur-Schule kommt für leistungsfähige Schulbauten nicht mehr infrage. Dies bedeutet: Vorhandene Schulgebäude müssen neuen pädagogischen Anforderungen angepasst, aber auch den aktuellen technischen, energetischen und ökologischen Standards entsprechend erneuert oder ersetzt werden. Die Entscheidung, ob Schulbauten erhalten, aufgegeben, erweitert oder neu geschaffen werden, ist dabei eng verknüpft mit den demografischen Veränderungen in einer Kommune.“ (...)


„Wichtige Fragen und Klärungsbedarfe in der Vorbereitungs- und Entwicklungsphase (Phase 0):

 

Für die Klärung dieser Fragen sollten alle Beteiligten (Gemeinde, Schulaufsicht, Schulleitung, Lehrer, Schüler, Eltern, Architekt, Bauamt, Gemeindebürger ...) so frühzeitig wie möglich zusammenkommen. Durch dieses Beteiligungsverfahren werden die Grundlagen des Projekts ermittelt und bis zur Realisierung ständig angepasst.

 

Am 12.10.2020 fand eine nicht-öffentliche Sitzung des Gemeinderats, der Lehrer und des Elternbeirats mit der externen Schulbauberatung „Lernlandschaften“ statt. In dieser Sitzung wurden viele der oben ausgeführten Fragen angesprochen und vorgeschlagen. Die Verwaltung der Gemeinde Neuburg a. Inn hat eine Veröffentlichung der Sitzungsergebnisse untersagt. Es wurden keinerlei Schlussfolgerungen gezogen. - Das war's dann für die nächsten 50 Jahre.

Ende einer Illusion

Dass man nach 150 Jahren Nutzung eine Schule ersetzen muss, ist nicht illusionär, sondern realistisch. Dafür gibt es genügend pädagogische, soziale und technische Gründe. Aber man braucht dazu die Kraft einer Vision, vielleicht einer realistischen Utopie: Gemeinsame Gestaltung der Zukunft. Wir brauchen eine positive Idee davon, wie wir in 50 Jahren leben wollen. Dazu fehlt es in Neuburg a. Inn an allem: Mutlos und kleingeistig hapert es schon bei der Grunderkenntnis, worum es hier eigentlich geht.

 

Wenn man keine Vision für die Zukunft der Gemeinde hat, dann hat man auch keine Vision für deren Schule.

Eine historisch einmalige Chance wird vertan.

Das hätte unsere Schule sein können - auch als Holzkonstruktion denkbar. (Quelle: Benisch Architekten)

DIE WÜRFEL SIND GEFALLEN ...

Dies ist das Grundstück im Zentrum von Neukirchen - das mit dem Stadl! Dort soll die zukünftige Schule entstehen. 

Mit der Größe von etwa 10.000 qm und der Lage eröffnen sich eine Reihe von Optionen für ein Schul- und Kulturzentrum.

Dazu braucht man kreative Architekten, professionelle Schulplaner und die Beteiligung der Bürger. - Das überholte Schema von 8 Klassenräumen plus Ganztagsbetreuung muss weg. 

Was sagt man dazu?

20. März 2018: Einstimmiger Beschluss des Gemeinderats zur Sanierung beider Schulen mit einem Aufwand von etwa 1 Mio EUR

Dommelstadl 485.000 EUR; Neukirchen 593.000 EUR. Der Beschluss wurde bis Ende 2020 nicht umgesetzt.

22. März 2021: Mehrheitliche Ablehnung (1 Stimme) eines Vorschlags zur Sanierung beider Schulen mit einem Aufwand von etwa 3.5 Mio EUR

Dommelstadl 1.620.000 EUR; Neukirchen 1.869.000 EUR.

Staatliche Förderung: Nach Aussage des Bürgermeisters hat die Schulbehörde die Sanierung aus Kostengründen abgelehnt und bevorzugt einen Neubau.

Die Förderrichtlinie sagt: Ein Neubau wird nur genehmigt, wenn die Sanierungskosten 80% der Neubaukosten überschreiten. 

Hier betragen die Sanierungskosten nach Angaben im Gemeinderat 3.5 Mio EUR. Die geplanten Kosten für einen Neubau müssten also bei höchstens 4.5 Mio EUR liegen. Dafür kann man keine neue Schule bauen. 

Andersherum: Wenn die neue Schule 10 Mio EUR kosten würde, dann könnte man die beiden alten Schule für bis zu 8 Mio EUR sanieren.

Das macht alles keinen Sinn. Die im Gemeinderat genannten Zahlen können nicht stimmen. Die Bürger wissen nichts. Der Bürgermeister wird Gründe haben, den Vergleich zwischen Sanierung und Neubau im Lebenszyklus der Schule (50 Jahre) nicht zu veröffentlichen. 

Muss man bei dieser Sachlage und dem Ablauf nicht annehmen,  dass die Absicht, das  Grundstück in Neukirchen zu kaufen, längst vor dem Beschluss vom 22.03.2021 existierte?