Bürgerbeteiligung im Bauleitverfahren

DIE GEMEINDEVERWALTUNG BEHINDERT EINE ANGEMESSENE BETEILIGUNG DER BÜRGER:
WARUM?

Dafür kann es eigentlich nur zwei Gründe geben:

(1) Man hat Angst, die Kontrolle zu verlieren. - Das wäre zutiefst undemokratisch. Und: Der große Sachverstand der Bürger bleibt ungenutzt. (2) Man hat etwas zu verbergen. - Vielleicht fürchtet man, dass Fehler aufgedeckt werden. Oder: Man verfolgt unsaubere Ziele.

Wenn die Verwaltung das nicht ändern will oder kann, dann muss der Gemeinderat eingreifen. Leider sind in diesem Gremium wiederholt Vorschläge zur Einbeziehung der Bürger abgelehnt worden. Vorläufig wird sich also nichts verbessern. Dagegen kann man nur bei der nächsten Wahl etwas machen. Bis dahin bleibt: Ständig protestieren und Informationen fordern.

Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

(Zitate aus: Bürgerbeteiligung im Städtebau. Ein Leitfaden. Link siehe weiter unten)


„Die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung ist als Mindestbeteiligung zu verstehen.

Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Beteiligung sind daher rechtlich streng geregelt.

Städten und Gemeinden wird empfohlen, die Öffentlichkeit über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß hinaus informell zu beteiligen. Diese zusätzliche Beteiligung kann die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Wer in Projekten, bei denen Bürgerinnen und Bürger Beteiligung erwarten, die Menschen nicht miteinbezieht, der muss damit rechnen, dass ihm das Projekt später auf die Fuße fällt.“


So wie bei der geplanten Erweiterung des Lagerbereichs der Firma AREG

Ein aktuelles Projekt von besonderer Bedeutung ist die

Erweiterung des Betriebsgeländes der Recyclingfirma AREG im Neuburger Wald

Recycling ist aktiver Umweltschutz. Wir brauchen die Systeme. Wenn jedoch für die Erweiterung von Lagerflächen der AREG mindestens 1.000 Bäume im Neuburger Wald gefällt werden müssen, dann besteht ein erhöhter Informationsbedarf der Öffentlichkeit. Bisher gibt es dazu nichts.

  • Vor drei Jahren hat die AREG einen Antrag zur Betriebserweiterung im Neuburger Wald gestellt. Dieser Antrag wurde jetzt wieder aktuell. Dem Gemeinderat wurden die alten Planungsunterlagen mit geringfügigen Veränderungen vorgelegt. Dabei hatten Fachabteilungen des Landratsamts die völlig unzureichende Ausführung der Planung kritisiert, insbesondere den Umweltbericht. Trotzdem tut man so, als sei die vorgezogene Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachabteilungen auf Basis dieser überholten Unterlagen erledigt. Folglich sind die einstimmigen Abwägungsbeschlüsse des Gemeinderats fehlerhaft.

  • Wasserrechte sind im bisherigen Verfahrensstand völlig unzureichend behandelt worden. Die Behauptung, dass Satzungsbeschlüsse ohne Wasserrechte getroffen werden können, ist grundsätzlich falsch. In einem früheren Gutachten zur Trinkwasserversorgung wird darauf hingewiesen, dass im Einzugsbereich der Wasserversorgung Grundwasserneubildung durch Regenwasser erfolgt.

  • Die AREG will die Erweiterung nach Süden tiefer in den Wald hineinführen. Dabei besteht eine schonende Möglichkeit entlang der Staatsstraße. Es ist bisher nicht erklärt worden, warum das nicht geht.

  • Die AREG nimmt im Recycling-System lediglich Funktionen der Zwischenlagerung und des Transports wahr. Es gibt keine Sicherheit oder Begründung, dass diese Funktionen langfristig und nachhaltig erhalten bleiben. Der Landkreis Isar-Inn hat kürzlich aus Gründen des Umweltschutzes das Erfassungssystem von Anlieferung auf die gelbe Tonne umgestellt. Dadurch fallen Zwischenlagerungen weg. Der Abfall wird bei den Haushalten abgeholt und direkt zum Endabnehmer transportiert. Dadurch würde der gesamte Lagerbereich der AREG entfallen.

  • In der Begründung ist nicht erklärt, warum die Erweiterung der Lagerfläche ausgerechnet im geschützten Neuburger Wald stattfinden muss. Lagerung ist nicht standortgebunden. Es kommen alternativ bestehende oder neue Standorte der AREG außerhalb des Waldes infrage.

BETEILIGUNG DER ÖFFENTLICHKEIT gem. BauGB

Das BauGB sieht in § 3 die Öffentlichkeitsbeteiligung zweistufig vor. Nach der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) schließt sich zu einem späteren Zeitpunkt die öffentliche Planauslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB an.

Stufe 1 - § 3 Abs. 1 BauGB

Frühzeitige Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung

Die Bürger müssen informiert werden:

über Ziele und Zwecke und der Planung

über Planungsalternativen

über Auswirkungen der Planung.

Das Gesetz verlangt eine öffentliche, der Allgemeinheit zugängliche Unterrichtung: Es handelt sich dabei nicht um eine bloße Präsentation und Information. Es ist die Pflicht der Gemeinde, dafür eine verständliche Form zu finden. Der Öffentlichkeit (= jedem einzelnen Interessierten) muss Gelegenheit gegeben werden, sich zu äußern. Äußerungen der Bürger sollen in einer Anhörung erfolgen, in der ein sachkundiger Vertreter den Plan mit den Bürgern „durchgeht“. Jede Äußerungen ergänzen die Planungsunterlagen.

Stufe 2 - § 3 Abs. 2 BauGB

Förmliche Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung

Auf der Grundlage der frühzeitigen Beteiligung von Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1 BauGB) und Trägern öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 BauGB) beschließt die Gemeinde im nächsten Planungsschritt über den Planentwurf und dessen Auslegung.

Gegenstand der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB ist der Planentwurf mit Begründung (§ 5 Abs. 5 bzw. 9 Abs. 8 BauGB). Wesentliches integrales Element der Begründung ist der Umweltbericht nach § 2 Abs. 4, § 2a BauGB.

Ort und Dauer der Auslegung (und der online Veröffentlichung) sind nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB mindestens eine Woche vorher ortsüblich mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass Anregungen während der Auslegung vorgebracht werden können.

Die während der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen und Einwände muss die Gemeinde beurteilen und das Ergebnis dieser Beurteilung mitteilen., § 3 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 BauGB.

Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Abs. 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.


Verfahrensschritte

Die folgenden Verfahrensschritte sind vom Gemeinderat durchzuführen:

(1) Aufstellungsbeschluss (kann!) und Beteiligung der Öffentlichkeit,

(2) Billigung des Entwurfes nach der frühzeitigen Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange,

(3) Auslegungsbeschluss

(4) Erneut: Formelle Beteiligung der Öffentlichkeit

(5) Satzungsbeschluss

Die abschließende Behandlung der rechtzeitig vorgebrachten Stellungnahmen, Anregungen und Bedenken muss öffentlich im Gemeinderat erfolgen. Jede Äußerung mit Bezug zu den ausgelegten Unterlagen ist eine Stellungnahme im Sinne des § 3 Abs. 2 BauGB. Eine solche Äußerung kann durch eine oder mehrere Personen bzw. von einem Vertreter mehrerer Personen abgegeben werden. Der Begriff der „Abgabe“ einer Stellungnahme wurde durch den Gesetzgeber gewählt, um dem Bürger eine Vielzahl von Möglichkeiten zu eröffnen.

Alle fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen (§ 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB). Sie werden somit Teil der Abwägung und dürfen durch die Gemeinde nicht ignoriert werden. Das Ergebnis der Prüfung seiner Stellungnahme ist dem einzelnen Bürger mitzuteilen (§ 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB).

Quellen: dejure.org, juracademie

Was ist das Bauleitverfahren?

Auszug aus dem Baugesetzbuch


§ 1 Aufgabe,Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.

(Quelle: Ein Service des Bundesministeriums der Justiz in Zusammenarbeit mit der juris GmbH - www.juris.de)


Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan wird für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung in den Grundzügen dargestellt. Der Flächennutzungsplan ist ein vorbereitender Bauleitplan. Dies unterscheidet ihn von Bebauungsplänen, die für Teile des Gemeindegebietes aufgestellt werden und verbindliche Regelungen für die Bürger und die Baugenehmigungsbehörden enthalten.

Im Flächennutzungsplan werden z. B. die für die Bebauung vorgesehenen Flächen, Flächen für Verkehrsanlagen, Grünflächen, aber auch die Flächen für die Landwirtschaft und Waldflächen dargestellt. Daneben enthält der Plan Hinweise auf fachgesetzliche Bestimmungen, die sich auf die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde auswirken. Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung beizufügen. Hier sind die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Flächennutzungsplans und in einem Umweltbericht die maßgeblichen Belange des Umweltschutzes darzulegen.

Der Flächennutzungsplan wird in einem im Baugesetzbuch (BauGB) gesetzlich geregelten Verfahren aufgestellt. In diesem Verfahren werden sowohl die Bürger als auch Behörden und Träger öffentlicher Belange beteiligt. Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung tritt der Flächennutzungsplan in Kraft.

Rechtsgrundlagen: §§ 5 bis 7 BauGB


Bebauungspläne

Nach dem Baugesetzbuch (BauGB) sind die Gemeinden berechtigt und verpflichtet, Bauleitpläne aufzustellen. Es gibt zwei Arten von Bauleitplänen:

(1) Den Flächennutzungsplan, der das gesamte Gemeindegebiet umfasst (siehe oben).

(2) Den Bebauungsplan, der aus dem Flächennutzungsplan entwickelt wird und sich auf Teile des Gemeindegebiets beschränkt. Er enthält für die Bürger und die Baubehörden verbindliche Festsetzungen und regelt, wie die Grundstücke bebaut werden können.

Bebauungspläne sind grundsätzlich aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln; dies bedeutet, dass zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan kein wesentlicher inhaltlicher Widerspruch bestehen darf. Im Bebauungsplan können Festsetzungen erfolgen z. B. über die Art und das Maß der vorgesehenen baulichen Nutzung, über überbaubare Grundstücksflächen, die Stellung baulicher Anlagen, aber auch z. B. über öffentliche und private Grünflächen, Verkehrsflächen. Daneben können z. B. auch Regelungen über das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und anderen Bepflanzungen getroffen werden.

Vorhabenbezogene Bebauungspläne (im gegensatz zum einfachen oder qualifizierten Bebauungsplan) können von den Gemeinden auf der Grundlage eines von einem (privaten) Vorhabenträger mit der Gemeinde abgestimmten Vorhaben- und Erschließungsplans aufgestellt werden. Voraussetzung ist, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist und sich in einem Durchführungsvertrag zur Durchführung der Maßnahmen verpflichtet.

Bebauungspläne sind gemeindliche Satzungen, also Rechtsnormen. Sie werden in einem im BauGB im Einzelnen geregelten Verfahren aufgestellt, das unter anderem eine Beteiligung der Bürger vorsieht. (siehe oben) Rechtsgrundlagen: §§ 8 bis 10, 12 und 30 BauGB.


Bauleitplanverfahren

Das Verfahren zur Aufstellung, Ergänzung, Aufhebung oder Änderung von Bauleitplänen ist im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt. Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen finden sich insbesondere in den §§ 1 bis 4 b, 6 und 10 BauGB.

Bestandteil des Bauleitplanverfahrens ist die Umweltprüfung, die für die Belange des Umweltschutzes durchgeführt wird. Diese umfasst die Ermittlung der voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen und deren Beschreibung und Bewertung in einem Umweltbericht. Der Umweltbericht bildet einen gesonderten Teil der Begründung des Bauleitplans.

Der Bauleitplanentwurf wird durch frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden einer breiten Prüfung unterzogen. Nach dieser Prüfung und Auswertung aller Stellungnahmen wird in der Regel eine Überarbeitung des Entwurfs durchgeführt.

Danach wird der Entwurf des Bauleitplans mit der Begründung sowie der nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden, umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind.

Nach der öffentlichen Auslegung und der Behördenbeteiligung prüft die Gemeinde nochmals die Anregungen der Bürger und Träger öffentlicher Belange. Für den Gemeinderat wird eine übersichtliche Form der Darstellung vorbereitet. In diesem Verfahrensschritt wägt der Gemeinderat die betroffenen Belange untereinander und gegeneinander ab und entscheidet, ob an der beabsichtigten Bauleitplanung festgehalten werden soll oder diese zu änder oder aufzugeben ist. Auch die Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen.

In dieser Abwägung manifestiert sich eine der zentralen Aufgaben des Gemeinderats. Oft sind Entscheidungen über schwerwiegende Konflikte zu treffen. Deshalb sind Öffentlichkeit und Transparenz so enorm wichtig: Der Gemeinderat muss zeigen, dass er eine politisch zu verantwortende und sachlich umfassend informierte Abwägung vornimmt.

Der Gemeinderat beschließt den Plan als Satzung. Die Erteilung der Genehmigung ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam; der Bebauungsplan tritt mit der Bekanntmachung in Kraft.

Dem bekannt gemachten Bauleitplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Flächennutzungsplan berücksichtigt wurden und aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit Planungsalternativen gewählt wurde.